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public:bierwissen:geschichte [2024/05/09 13:14] – [Brauerstern] admin | public:bierwissen:geschichte [2024/05/09 15:39] (aktuell) – [Getränk im Wandel] admin | ||
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===== Streifzug ===== | ===== Streifzug ===== | ||
- | Indizien deuten darauf hin, dass die derzeit ältest bekannte Stätte an der ein Getränk aus vergorenem Getreide, nennen wir es Bier, gebraut wurde Göblekli Tepe in Südostanatolien und dies bereits vor über 12000 Jahren passiert ist. Bier spielte also schon bei der Sesshaftwerdung der Menschen eine Rolle. Zu dieser Zeit wurde noch kein Getreide kultiviert und angebaut. Vielmehr wurden zum Backen von Brot wie auch zum Brauen eben jenes bierartigen Getränks die Samen von Wildgetreiden, | + | Indizien deuten darauf hin, dass die derzeit ältest bekannte Stätte an der ein Getränk aus vergorenem Getreide, nennen wir es Bier, gebraut wurde [[https:// |
- | Entsprechende Hinweise finden sich auch in Ausgrabungen erster Dörfer des „fruchbaren Halbmonds“ und dann in den jungsteinzeit- bis bronze-zeitlichen Städten der Assyrer und Sumerer. | + | Entsprechende Hinweise finden sich auch in Ausgrabungen erster Dörfer des [[https:// |
Im antiken Ägypten wandelte sich das Bier vom Kultgetränk zum Grundnahrungsmittel und wurde in größeren Maßstäben gebraut. Es entwickelte sich quasi das Brauhandwerk. Vor allem die Versorgung der unzähligen Arbeiter auf den gigantischen Baustellen des antiken Ägyptens machten eine Professionalisierung des Brauens erforderlich. Voraussetzung dafür wie auch die Versorgung der Menschen mit Brot war natürlich auch ein professioneller Getreidenanbau. Für eben das unter Einbeziehung des Nils sind die " | Im antiken Ägypten wandelte sich das Bier vom Kultgetränk zum Grundnahrungsmittel und wurde in größeren Maßstäben gebraut. Es entwickelte sich quasi das Brauhandwerk. Vor allem die Versorgung der unzähligen Arbeiter auf den gigantischen Baustellen des antiken Ägyptens machten eine Professionalisierung des Brauens erforderlich. Voraussetzung dafür wie auch die Versorgung der Menschen mit Brot war natürlich auch ein professioneller Getreidenanbau. Für eben das unter Einbeziehung des Nils sind die " | ||
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...eine oft gestellte, aber eigentlich blöde Frage. Bier kam jedenfalls zu einer Zeit in die Region in der sich Deutschland heute befindet, zu der sich garantiert noch niemand den Namen " | ...eine oft gestellte, aber eigentlich blöde Frage. Bier kam jedenfalls zu einer Zeit in die Region in der sich Deutschland heute befindet, zu der sich garantiert noch niemand den Namen " | ||
- | Der römische Politiker und Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus (ca. 58 bis 120 n. Chr.) schrieb den Germanen eine große Liebe zum Bier zu. Also war das Bier zu dieser Zeit schon hier, schon vor knapp 2000 Jahren. Natürlich nicht Bier wie wir es heute kennen, allerdings vermutlich eben auch schon nicht mehr so wie es in der Antike von Sumerern oder später den Ägyptern gebraut wurde. Allein schon, weil die verwendeten Getreidesorten andere waren, der Hopfen noch keine Rolle spielte und von Reinzuchthefen... lassen wir das. | + | Der römische Politiker und Geschichtsschreiber |
- | Die Entwicklung hin zu Bier mit einer gewissen Ähnlichkeit zum gegenwärtigen Bier, begann in Deutschland vermutlich im frühen Mittelalter in den Klöstern, deren Namen auch heute noch für Bier stehen. Allen voran Weihenstephan, | + | Die Entwicklung hin zu Bier mit einer gewissen Ähnlichkeit zum gegenwärtigen Bier, begann in Deutschland vermutlich im frühen Mittelalter in den Klöstern, deren Namen auch heute noch für Bier stehen. Allen voran Weihenstephan, |
Das Kloster Weihenstephan wurde im Jahr 727 n. Chr. gegründet, eigener Hopfenanbau ist bereits für das Jahr 768 n. Chr. verbrieft. D.h. irgendwann dazwischen wurde in Weihenstephan mit dem Bier brauen begonnen, Weihenstephan gilt heute als älteste, durchgängig bestehende Brauerei. | Das Kloster Weihenstephan wurde im Jahr 727 n. Chr. gegründet, eigener Hopfenanbau ist bereits für das Jahr 768 n. Chr. verbrieft. D.h. irgendwann dazwischen wurde in Weihenstephan mit dem Bier brauen begonnen, Weihenstephan gilt heute als älteste, durchgängig bestehende Brauerei. | ||
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In Nürnberg gelang es bereits im 12-13 Jh. Biere rötlicher Farbe zu Brauen. Schon damals wurde in Nürnberg auf reines Gerstenmalz und Hopfen als Zutaten gesetzt. Helle Biere wurden wohl erstmals in Schottland gebraut. | In Nürnberg gelang es bereits im 12-13 Jh. Biere rötlicher Farbe zu Brauen. Schon damals wurde in Nürnberg auf reines Gerstenmalz und Hopfen als Zutaten gesetzt. Helle Biere wurden wohl erstmals in Schottland gebraut. | ||
- | Der Brauer Anton Dreher aus Österreich lernte 1833 auf einer Studienreise durch England und Schottland die Herstellung rauchfrei über glühendem Koks gedarrter, also heller Malze und brachte damit die Möglichkeit helle Biere zu brauen mit aufs Festland. Auf ihn geht das „Wiener Malz“ zurück und damit bernsteinfarbene Biere. | + | Der Brauer |
Noch hellere Biere wurde Ende des 19. Jh. zunächst in Pilsen und dann in Norddeutschland gebraut. Das heutige „Münchner Hell“ galt als Antwort auf den Siegeszug des Pils. | Noch hellere Biere wurde Ende des 19. Jh. zunächst in Pilsen und dann in Norddeutschland gebraut. Das heutige „Münchner Hell“ galt als Antwort auf den Siegeszug des Pils. | ||
- | Mit dem Reinheitsgebot verschwanden die merkwürdigsten Zutaten aus den mittelalterlichen Bieren. Vorher gehörten Stechapfel, Tollkirsche, | + | Mit dem Reinheitsgebot verschwanden die merkwürdigsten Zutaten aus den mittelalterlichen Bieren. Vorher gehörten |
===== Frauen und Bier ===== | ===== Frauen und Bier ===== | ||
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- | Ebenfalls schön ist folgende ca. 4000 Jahre alte Geschichte aus dem Gilgamesch Epos: | + | Ebenfalls schön ist folgende ca. 4000 Jahre alte Geschichte aus dem [[https:// |
//"Da zog der Drittelgott Enkidu durch die altbabylonische Steppe, nackt, behaart, wild, aß Gras, trank aus Wasserlöchern. „Bier zu trinken blieb ihm unbekannt“, | //"Da zog der Drittelgott Enkidu durch die altbabylonische Steppe, nackt, behaart, wild, aß Gras, trank aus Wasserlöchern. „Bier zu trinken blieb ihm unbekannt“, | ||
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Bei den Wikingern war das Brauen sogar ausschließlich Frauen erlaubt. | Bei den Wikingern war das Brauen sogar ausschließlich Frauen erlaubt. | ||
- | Es war Hildegard von Bingen, die im 12. Jahrhundert als erste öffentlich die Verwendung von Hopfen zum Bierbrauen empfahl. Dessen Siegeszug als elementare Bierzutat dürfte vermutlich daran liegen, dass er mit seiner antibakteriellen Wirkung das Bier deutlich haltbarer machte. | + | Es war [[https:// |
Bier wurde natürlich auch auf Märkten verkauft, Abbildungen davon zeigen Frauen mit spitzen Hüten, die in Kesseln rührten. Ebenfalls oft auf den Abbildungen waren Katzen und ein sechszackiger Stern (Brauerstern) − der eigentlich als Zunftzeichen für qualitativ gutes Bier gilt. Diese Abbildungen rückten brauende Frauen in eine bestimmte Richtung: Hexerei. | Bier wurde natürlich auch auf Märkten verkauft, Abbildungen davon zeigen Frauen mit spitzen Hüten, die in Kesseln rührten. Ebenfalls oft auf den Abbildungen waren Katzen und ein sechszackiger Stern (Brauerstern) − der eigentlich als Zunftzeichen für qualitativ gutes Bier gilt. Diese Abbildungen rückten brauende Frauen in eine bestimmte Richtung: Hexerei. | ||
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===== Brauerstern ===== | ===== Brauerstern ===== | ||
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Die Herkunft des Zeichens ist keineswegs in irgendwelchen okkulten Praktiken der Brauer, auch nicht der Brauerinnen in Verbindung zu bringen, noch hat er etwas mit dem jüdischen Glauben zu tun. | Die Herkunft des Zeichens ist keineswegs in irgendwelchen okkulten Praktiken der Brauer, auch nicht der Brauerinnen in Verbindung zu bringen, noch hat er etwas mit dem jüdischen Glauben zu tun. | ||
- | Tatsächlich ist er auf die Alchimie zurückzuführen. Die Dreiecke symbolisieren die drei am Brauen beteiligten Elemente Feuer, Wasser und Luft sowie auch die 3 Bierbestandteile Hopfen, Malz und Wasser. Alchimie galt im Mittelalter als wissenschaftliche Disziplin und eben nicht als okkultes Treiben. Allerdings gab es damals wie heute genug Menschen die den Unterschied nicht kennen... Das Hexagramm gilt allerdings auch als Schutzsymbol gegen Feuer und Dämonen. Feuer war immer eine der ernsteren Bedrohungen mittelalterlicher Braustätten. | + | Tatsächlich ist er auf die [[https:// |
Das mittelalterliche Werk " | Das mittelalterliche Werk " | ||
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Mit dem Brausteuergesetz von 1906 wurde, unter Berufung auf Steueraufkommen, | Mit dem Brausteuergesetz von 1906 wurde, unter Berufung auf Steueraufkommen, | ||
- | Erst Jean Pütz mit seiner Sendung Hobbythek sorgte mit Folge 80 aus dem Jahr 1982 für eine Trendwende. Seiner Hartnäckigkeit gegenüber gegenüber dem Bundesfinanzministerium ist eine Änderung im Steuerbereinigungsgesetz 1986 §11 Abs. 1 Satz drei vom 19. Dezember 1985 zu verdanken. Mit ihr wurde das Verbot der Verbreitung von Rezepten und Zutaten gestrichen. | + | Erst Jean Pütz mit seiner Sendung Hobbythek sorgte mit [[https:// |
Seither darf jeder Haushalt eine jährliche eine Biermenge von 200 Litern (bezogen auf eine Stammwürze von 12° Plato) steuerfrei brauen. | Seither darf jeder Haushalt eine jährliche eine Biermenge von 200 Litern (bezogen auf eine Stammwürze von 12° Plato) steuerfrei brauen. | ||
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- | Für die Kühlung der tiefen Bierkeller wurde Eis benötigt. Dieses wurde im Winter in den nahen Ziegelhüttenteichen in Form von Blöcken gewonnen und in die Keller verbracht. Da die Keller sehr temperaturstabil sind hielt sich das Eis über viele Monate. Für die Gewinnung und den Transport des Eises waren lokale Bauern verantwortlich. | + | Für die Kühlung der tiefen Bierkeller wurde Eis benötigt. Dieses wurde im Winter in den nahen Ziegelhüttenteichen in Form von [[https:// |
Selbst im Sommer konnte noch so gewonnenes Eis für den gekühlten Transport des Biers zu den Ausschankstellen genutzt werden. Dazu wurden Bierfässer und Eis auf Pferdewagen oder Ochsenkarren geladen und mit Tüchern abgedeckt. | Selbst im Sommer konnte noch so gewonnenes Eis für den gekühlten Transport des Biers zu den Ausschankstellen genutzt werden. Dazu wurden Bierfässer und Eis auf Pferdewagen oder Ochsenkarren geladen und mit Tüchern abgedeckt. | ||
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(Die Geschichte der Brauerei Schmidt in Schotten sollte noch genauer recherchiert werden, unsere bisherigen Kenntnisse sind lückenhaft und teils widersprüchlich.) | (Die Geschichte der Brauerei Schmidt in Schotten sollte noch genauer recherchiert werden, unsere bisherigen Kenntnisse sind lückenhaft und teils widersprüchlich.) | ||
+ | **Genau 100 Jahre nach der Schließung des Brauereibetriebs, |