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Warmes Bier?
Beim Gedanken an warmes Bier verzieht der typische Biertrinker das eigene Gesicht nicht selten zur Grimasse. Furchtbarer Gedanke, „warmes Bier“. Heute kommt ein Bier meist ideal temperiert aus der Zapfanlage. Die Zapftemperatur liegt üblicherweise bei 7 bis 8°C, manchmal auch darunter. War das immer so?
Bierwärmer
Erst die Erfindung der Kältemaschine durch Carl Linde aus dem Jahr 1870 ermöglichte es Bier relativ genau zu temperieren. Vorher wurde Bier meist in Kellern zwischen Eisblöcken gelagert, hatte also teilweise eine Temperatur von knapp über 0°C als es im Glas landete. Auch wenn diese Temperatur zum Lagern ideal ist, so kaltes Bier zu trinken ist kein Genuss. Auch der eine oder andere empfindliche Magen dürfte sich dabei eher verkrampft haben. Auch bei 7°C bis 8°C beschwert sich noch mancher über die magenunfreundliche Temperatur.
Genau dafür wurde der Bierwärmer erfunden. Er bringt das „zu kalte“ Bier auf die gewünschte Trinktemperatur, was noch lange nicht bedeutet, dass diejenigen die einen solchen Bierwärmer verwenden warmes Bier mögen. Sie mögen es einfach nicht so kalt.
Der Bierwärmer ist ein mehr oder minder kunstvoll gestaltetes, unten geschlossenes Metallrohr mit einem Haken am oberen Ende. Er wird mit warmem Wasser gefüllt ind Glas getaucht und mit dem Haken am Glasrand eingehängt. Er bleibt so lange im Bier bis dieses die individuell gewünschte Temperatur hat.
Wie gesagt geht es nicht darum warmes Bier zu trinken. Trotzdem dazu ein paar Gedanken. Was genau passiert auf der Zunge wenn wir zu kaltes Bier trinken? Der Zunge wird die Möglichkeit genommen die Aromen des Biers zu schmecken. Man könnte jetzt hier etwas über die „Brownsche Molekularbewegung“ erzählen, lassen wir aber bleiben. Kälte ist ein Aromakiller, auch der Duft bleibt auf der Strecke. Das Bier ggf. etwas anzuwärmen, gerade bei vollmundigen oder hopfenbetonten Bieren kann dem Geschmack des Bieres auf die Sprünge helfen.
Bierstachel
Wenn auch aus dem gleichen Grund erdacht, wie der Bierwärmer, macht der Bierstachel etwas ganz Anderes mit dem Bier. Auch hier ging es darum, das eisgekühlte, „kellerkalte“ Bier auf Trinktemperatur zu bringen. Der Bierstachel ist ein geschmiedetes Stück Eisen mit einem Holzgriff. Er ist vermutlich in den hauseigenen Schmieden früherer Brauereien entstanden und wurde dort auch für den Gebrauch im Schmiedefeuer erhitzt. Er ist also wesentlich heißer als der Bierwärmer. Je nach dem glühte er sogar noch, wenn er ins Bier getaucht wurde.
Dabei passiert aber neben dem Erwärmen des Biers noch etwas anderes. Auch wenn man es nur bei Sorten wie dem Bockbier oder ähnlich vollmundigen Bieren wirklich schmeckt, verfügt ein Bier eigentlich immer über eine gewisse Restsüße. Diese besteht aus langkettigen Zuckermolekülen die von der Hefe während der Gärung kaum oder gar nicht in Alkohol umgewandelt werden.
Kommen diese Zuckermoleküle jetzt mit einem glühenden Eisen in Kontakt karamellisieren sie. Das was beim Herstellen von Karamell in der Pfanne passiert, passiert dabei im Bier. Wer schon mal in der Pfanne Karamell aus einfachem Raffinadezucker gemacht hat weiß, dass der Geschmack des Karamells ein ganz anderer ist als der des verwendeten Zuckers. Karamell ist wesentlich würziger. Diese Würze verleiht dem Bier beim Stacheln ein ganz neues Aroma.
Das funktioniert natürlich vor allem bei den vollmundigen Sorten mit gut wahrnehmbarer Restsüße. Anders als der Bierwärmer, der langsam in Vergessenheit gerät, erfreut sich der Stachel, nicht zuletzt dank der Craft-Beer-Szene, zunehmender Beliebtheit.
Natürlich wird der Stachel nur kurz eingetaucht. Wer will schon warmes Bier trinken?